Montag, 2. April 2012


Ich habe so lange versucht perfekt zu sein. Ich wollte dünn sein, sehr dünn, kein Gramm Fett mehr an meinem Körper haben, aber trotzdem schöne 'Kurven' haben. Ich wollte lange Haare haben, Haare bis zum Bauchnabel in einem schönen Dunkelbraun und am Besten mit schönen, großen Locken. Ich wollte ein schönes Leben haben, mit vielen tollen Freunden, die sich mit mir treffen, aber nur oberflächlich mit mir befreundet sind, wegen meinem Aussehen. Ich wollte, dass alle Mädchen in meiner Klasse, auf meiner Schule und am besten auch noch alle Mädchen aus meiner Stadt neidisch auf mich sind. Ich wollte, dass die Jungen sich umdrehen, wenn sie mich sehen, weil sie mich hübsch finden. Alle sollten mich hübsch finden und neidisch auf mich sein und vor allem nur deswegen mit mir befreundet sein wollen.

Aber es tut mir leid. Es tut mir mir gegenüber leid, dass ich je diesen Wunsch hatte. Ich kann nicht perfekt sein, ich kann nicht so sein und so aussehen, wie ich es gerne hätte.
Es ist egal, wie wenig ich esse und wie oft ich mir am Ende des Tages den Finger in den Hals stecke - ich werde nie dünn genug sein.
Es ist auch egal, ob ich Tabletten nehme, die den Haarwuchs fördern sollen oder nicht - meine Haare wachsen nicht schneller und werden auch nicht heiler, als sie es ohne auch werden würden.
Und vor allem ist es egal, wie sehr ich meine Art verstelle - die Leute werden mich nicht mehr mögen oder hübscher finden.

Ab heute denke ich realistisch. Ich muss mich mit mir arrangieren, mit meinem Leben. Ich kann nicht sein wie ich es gerne wäre, aber ich kann trotzdem etwas aus mir machen. Ich kann aus meinem Leben noch etwas machen, auch wenn es nicht so sein wird wie ich es mir wünsche - es wird auf seine Art und Weise perfekt sein. Ich werde nicht Unmengen an Freunden haben, die nur wegen meinem äußeren etwas mit mir zutun haben wollen, sondern (hoffe ich zu mindestens) Freunde, die wegen meinem Inneren mit mir befreundet sind, die nicht nur das fröhliche, sondern auch das ernste, traurige Mädchen mögen.

Es tut mir wirklich, der alten Marie gegenüber, leid, dass ich nie ihren Vorstellungen nach entsprechen konnte. Ich werde wahrscheinlich auch nie sein, wie sie es sich gewünscht hat, aber ich kann sein, wie sich, wer auch immer für das Leben verantwortlich ist, das vorgestellt hat.
Wer weiß, vielleicht werde ich ja so glücklich, denn so wie es war, war ich nie glücklich, egal wie oft ich mir eingeredet habe, dass ich so glücklich sein werde. Ich habe mir immer gedacht: 'Hey, wenn du das und das erreicht hast, dann bist du glücklich, weil andere dann stolz auf dich sein werden, sie werden neidisch sein, weil sie auch gerne so wären, wie du und genau das wird dich glücklich machen.' 
Bin ich auf diesem Weg je glücklich geworden? Nein, in all den Jahren war ich nie wirklich glücklich. Ich war nie wirklich frei. Diese innere Stimme in mir hat mich immer unterdrückt, sie hat mir erst Hoffnung gegeben und dann kaputt gemacht. Sie hat mich abhängig von ihr gemacht und genau das will ich heute ändern. Ich muss lernen los zu lassen.
Es wird auf keinen Fall leicht sein, denn wer kann schon von heute auf morgen mit seinem alten Leben abschließen, aber ich werde es versuchen. Ich werde es nicht nur versuchen, sondern auch schaffe. Auch wenn es wirklich nicht leicht werden wird, glaube ich daran, dass ich es schaffen kann, wenn ich es nur wirklich will.

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