Dienstag, 17. Januar 2012

Kennst du es, wenn du das Gefühl hast, du hättest den ganzen Schmerz, dein gesamtes Leben nicht mehr unter Kontrolle? Kennst du diese unsicherheit, die sich in diesen Momenten in dir ausbreitet? Kennst du den Drang, irgendetwas unter Kontrolle zu haben - egal was - wenn dein Leben aus deinen Händen gerät?

Ich kenne es nur zu gut, bzw. kannte es nur zu gut. Vor ein einhalb Jahren, hatte ich das letzte Mal dieses Gefühl - bis heute. Es war einfach alles viel zu viel für mich. Heute war die Beerdigung meines Opas. Ich habe mir schon gedacht, dass es schlimm für mich werden wird, aber ich dachte, dass es in eine andere Richtugn laufen würde. Ich dachte, dass ich weinen werde, viel weinen werde, aber das tat ich nicht. Ich habe kaum geweint, ich konnte nicht. Ich habe mich leer Gefühlt, während der ganzen Feier. ALs wir dann zum Leichenschmaus gegangen sind, ging es mir schon besser, viel besser, dachte ich zumindestens. Ich habe kaum etwas gegessen, was mich schon einmal glücklich gemacht hat, also dachte ich, dass heute nichts mehr schlimmes passieren wird. Vielleict würde ich heute abend noch einmal ein bisschen weinen, wenn ich in meinem Bett liege und es stil ist, aber mehr wäre da nicht passiert - dachte ich.
Es ist alles total anders gekommen. Wir sind also irgendwann wieder nach hause gefahren, ich ging gleich in mein Zimmer und machte die Musik laut, wirklich laut an. Casper-Musik, was wahrscheinlich nicht so schlau war. Die Tränen, die den ganzen Tag über nicht fließen konnten, suchten sich nun ihren Weg über meine Wangen, bis das Weinen mir irgendwann nicht mehr gereicht hat. Ein einhalb Jahre, die ich einfach weggeschmissen habe, in die Tonne, weg damit, brauche ich sowieso nicht mehr. Ich habe nicht nach gedacht, also bin ich zu meinem Schrank hingekrabbelt, in dem eine Schachtel ist, in dem ein Taschentücherpaket ist, wo Klinge drinne versteckt sind. Sie sind noch von damals, ein paar gebracuhte, die ich lieber nicht genommen habe, und eine noch neue. Ich hatte sie lange in der Hand und habe gelächelt und geweint zugleich. Ich habe darüber nachgedacht, ob es richtig ist, sie wieder zu nehmen, oder falsch. Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass es falsch wäre, sehr falsch sogar. Ich wollte nie wieder damit anfangen, ich habe es so vielen Leuten versprochen, doch dann tat ich es. Ich habe die Klinge genommen, sie mir auf den Arm gedrück und gezogen. Erst nur ganz sanft, weil ich nicht wieder irgendwelche hässligen Narben davon tragen müssen wollte, doch dann hat es mir nicht mehr gereicht. Ich wollte mehr Blut sehen, viel mehr Blut. Ich wollte sehen, wie das Blut mir den Arm hinunter läuft und in ein Taschentuch tropft.
Was hat es mir gebracht? Gar nichts! - Als mir dann bewusst wurde, was ich getan habe, weil mein Bruder mich gerufen hat, bekam ich sofort ein schlechtes Gewissen. Ein schlechtes Gewissen meinem Opa, meiner Mutter und mir gegenüber. Warum habe ich das getan? Warum konnte ich mich die ganzen Monate lang unter Kontrolle halten und von jetzt auf gleich ging es nicht mehr? Ich habe so lange nicht mehr darüber nachgedacht zu schneiden, so lange. Und dann, nur weil ich ein einziges Mal nicht ich bin, schmeiße ich alles, was ich mir bis jetzt aufgebaut habe wieder weg, wie als wäre es nichts Wert.

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